Öffentliche Ausschreibung

9. Dezember 2019

Möchte ein öffentlicher Auftraggeber einen Auftrag vergeben, so ist er grundsätzlich dazu verpflichtet, diesen öffentlich auszuschreiben. Bei der öffentlichen Ausschreibung werden fachkundige Unternehmen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Auf diese Weise soll der Wettbewerb zwischen möglichen Anbietern gesichert und eine höhere Transparenz bei Auftragsvergaben gewährleistet werden.

Ein kleines Hausmodell mit rotem Dach steht neben gestapelten Münzen auf einem Tisch. Im Hintergrund ist eine Hand zu sehen, die mit einem Stift auf einem Notizblock schreibt und möglicherweise Strategien für eine öffentliche Ausschreibung entwickelt. SARINYAPINNGAM / iStock / Getty Images Plus

Was ist unter einer öffentlichen Ausschreibung zu verstehen?

Die öffentliche Ausschreibung ist ein Vergabeverfahren von Wettbewerbsaufträgen an eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen. Jedes interessierte Unternehmen kann ein Angebot abgeben. Die Eröffnung solcher Angebote wird als Submission bezeichnet. Nach Prüfung und Wertung der Angebote erhält das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag.

Unter dem „Vergaberecht“ werden die Regelungen aus Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien zusammengefasst, die einen marktgerechten Wettbewerb, transparente Verfahren und die Chancengleichheit der beteiligten Unternehmen garantieren.

Vor allem bei Bauleistungen der öffentlichen Hand hat die öffentliche Ausschreibung einen hohen Stellenwert und stellt einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar.

Welche Regelungen sind bei der öffentlichen Ausschreibung zu beachten?

Aufgrund der engen Einbindung in die EU sowie weltweiter Wirtschaftsverbindungen sind internationale Vereinbarungen und EU-Richtlinien in das nationale deutsche Ausschreibungsrecht vieler Normen eingebunden.

Möchte ein öffentlicher Auftraggeber einen Auftrag vergeben, muss er die Vergabeverordnung (VgV), das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Vergabegesetze der Länder und die Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen (VOF) einhalten. Zusätzlich sind in Deutschland die VOB (Vertragsordnung für Bauleistungen), die VOL (Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen) und die HOAI (Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen) relevant.

Die VOB fasst die Regelungen für die Vergabe von Bauaufträgen durch öffentliche Auftraggeber, zum Bauvertrag und weitere technische Vertragsbedingungen zusammen. In der VOL (Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen) sind die Regelungen für die Vergabe von öffentlichen Leistungen für Aufträge festgehalten, die nicht als Bauleistungen zu verstehen sind. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ist eine allgemeinverbindliche Rechtsverordnung des Bundes und legt für bestimmte Planungsleistungen einen verbindlichen Rahmen für die Vergütung fest. Ihre Vorgaben sind auch bei Vergaben zu beachten.

Welches Recht zum Tragen kommt, ist abhängig von der Höhe des jeweiligen Nettoauftragswerts. Überschreitet dieser die EU-Schwellenwerte, so gelten die europäischen Wettbewerbsregeln. Werden die Schwellenwerte nicht erreicht, gelten die jeweiligen Landesgesetze.

Welche Schwellenwerte gelten bei öffentlichen Ausschreibungen?

Die Schwellenwerte bilden die Grundlage für den Umfang eines Ausschreibungsverfahrens und gelten innerhalb der EU unmittelbar als nationales Recht. Ihre Höhe ist dynamisch und wird von der EU-Kommission alle zwei Jahre neu festgelegt.

Für die Ausschreibungen von Bauleistungen liegt der Schwellenwert momentan bei 5.382.000 Euro (Stand 01.01.2022). Wird der EU-Schwellenwert überschritten, muss das Vergabeverfahren europaweit durchgeführt werden. Dabei sind bestimmte Fristen sowie formale Anforderungen zu beachten.

Unterhalb des Schwellwertes gilt das nationale Recht. Die Wertgrenzen für öffentliche Ausschreibungen hängen davon ab, ob nach VOB oder VOL ausgeschrieben wird und ob der Bund, ein Land oder Kommunen ausschreiben. Die Grenzen variieren in den einzelnen Bundesländern.

Wie ist der Ablauf einer öffentlichen Ausschreibung?

Für eine korrekte Vergabe der Aufträge sind bei der öffentlichen Ausschreibung formal exakt strukturierte und verbindliche Abläufe einzuhalten.

  • Bekanntgabe der Ausschreibung
  • Anforderung der Vergabeunterlagen
  • Angebotsabgabe
  • Prüfung der Angebote
  • Wertung der Angebote und Bieter

Die Bekanntmachung öffentlicher Ausschreibungen findet in Tageszeitungen, amtlichen Veröffentlichungsblättern, gewerblichen Fachblättern, Internetportalen u.a. statt. Bereits in der Bekanntgabe müssen sämtliche Informationen enthalten sein, die ein Unternehmen benötigt, um sein Angebot entsprechend kalkulieren zu können.

Interessierte Unternehmen müssen sich die entsprechenden Vergabeunterlagen (Anschreiben, Bedingungen und Vertragsunterlagen) abholen, bzw. deren Zusendung beantragen. Potentielle Teilnehmer sollten genau prüfen, ob sie tatsächlich alle Anforderungen erfüllen und die Unterlagen entsprechend sorgfältig studieren.

Gemäß VOB muss der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Einreichung des Angebots festsetzen. Sind alle geforderten Unterlagen, Nachweise, Referenzen und Erklärungen vollständig und das Angebot handschriftlich oder digital signiert, kann das Angebot auf dem vorgegebenen Weg abgeschickt werden.

Sämtliche Angebote werden manipulationssicher aufbewahrt und zu einem genau festgelegten Zeitpunkt, dem Submissionstermin, geöffnet und verlesen. Bei einer elektronischen Vergabe (E-Vergabe) findet exakt die gleiche Prozedur statt.

Alle fristgerecht eingereichten Angebote werden auf Vollständigkeit überprüft. Sollten Mängel vorliegen, darf betroffenen Unternehmen laut VOB eine zusätzliche Frist von sechs Kalendertagen eingeräumt werden.

Sobald alle Angebote ordnungsgemäß vorliegen, findet die Eignungsprüfung der Bieter statt. Dabei werden die Kriterien der Leistungsfähigkeit, Fachkunde und Zuverlässigkeit angelegt.

Im Anschluss erfolgt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit. Nur Angebote, die rationell ausgeführt werden können und wirtschaftlich lukrativ sind, kommen in die engere Auswahl der ausschreibenden Stelle. Letztendlich erhält der Bieter mit dem besten und wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag.

Welche Arten der Ausschreibung gibt es?

Die Arten der Ausschreibung sind in § 3 der VOB Teil A geregelt. Demnach erfolgt die Vergabe von Bauleistungen nach öffentlicher Ausschreibung, Beschränkter Ausschreibung mit oder ohne Teilnahmewettbewerb oder nach Freihändiger Vergabe.

  • Bei Öffentlicher Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren nach öffentlicher Aufforderung einer unbeschränkten Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten vergeben.
  • Bei Beschränkten Ausschreibungen (mit oder ohne Teilnahmewettbewerb) werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren nach Aufforderung einer beschränkten Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten vergeben.
  • Bei Freihändiger Vergabe werden Bauleistungen in einem vereinfachten Verfahren vergeben.

Nach § 3a Abs. 1 der VOB/A ist die öffentliche Ausschreibung nicht mehr das vorrangige Verfahren. Die Beschränkte Ausschreibung steht dem Auftraggeber gleichberechtigt zur Verfügung. Er kann zwischen diesen beiden Vergabearten wählen. Die Freihändige Vergabe ist zulässig, wenn eine Öffentliche oder Beschränkte Ausschreibung unzweckmäßig ist.

Wo müssen öffentliche Ausschreibungen veröffentlicht werden?

Öffentliche Ausschreibungen unterhalb des Schwellenwertes können in unterschiedlichsten Medien wie Tageszeitungen, Amtsblättern oder Internetportalen veröffentlicht werden. Hierbei sind die Regelungen der einzelnen Bundesländer zu beachten. Öffentliche Auftraggeber, die dem Bund zuzurechnen sind, müssen ihre Ausschreibung auf der offiziellen Internetseite des Bundes online stellen.

Alle Ausschreibungen der öffentlichen Hand, die den EU-Schwellenwert erreichen, müssen im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und so EU-weit bekannt gemacht werden. Dort wird die Ausschreibung in alle Sprachen der EU-Länder übersetzt und in einem eigenen Portal für Ausschreibungen veröffentlicht.


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